Sie alle sind Wegbereiter des neuen Projekts (v. li. n. re.): David Heun (Bistum Limburg), Eva Hannöver-Meurer und Monsignore Michael Metzler (Caritasverband für die Diözese Limburg), Isabel Busch, Christiane Prégardien, Andrea Gehringer, Frank Mach und Thomas Reichstetter (Caritasverband für den Bezirk Limburg).Foto: V. Klum
Das Projekt mit dem Namen "hingeschaut - zusehen und verstehen" wird finanziert von der Aktion Mensch und dem Innovationsfonds Caritas im Bistum Limburg und wurde nun offiziell gestartet. Die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen des Caritasverbandes unterstützt Paare und Einzelpersonen, die sich in einer Krise befinden und hilft ihnen dabei, ihren Problemen auf die Spur zu kommen und neue Lebensperspektiven zu entwickeln. Menschen mit Hörbeeinträchtigung haben dagegen nur erschwert Zugang zu einer solchen psychologischen Beratung, denn für viele von ihnen ist die Kommunikation mit dem Berater bzw. der Beraterin nur mit Hilfe eines Gebärdendolmetschers möglich. Ein Gebärdendolmetscher muss aber lange im Voraus angefordert werden, da die Nachfrage danach meist höher ist als das Angebot. Darüber hinaus fallen hohe Kosten für das Honorar und die Fahrtkosten an.
Mit dem Projekt "hingeschaut - zusehen und verstehen" soll sich das ändern. Der neue Fachdienst stellt ratsuchenden Klienten aus dem Bistum Limburg Gebärdendolmetscher oder auch gebärdende Berater kostenfrei und kontinuierlich zur Verfügung. Die Kosten dafür übernehmen die Aktion Mensch und der Innovationsfonds Caritas im Bistum Limburg. Die Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin Christiane Prégardien ist zuständig für Umsetzung des Konzepts und den Aufbau des Fachdienstes. Sie plant, ab März erste Beratungstermine anzubieten. Christiane Prégardien erlernt außerdem derzeit selbst die Gebärdensprache.
Gehörlose - Schwerhörige - Angehörige
Die Zielgruppe, die die Beratungsstelle mit der Einrichtung des neuen Fachdienstes erreichen möchte, ist sehr heterogen. Das Angebot wendet sich nicht nur an gehörlose Menschen, die in Gebärdensprache oder mithilfe von lautsprachbegleitenden Gebärden kommunizieren. Daneben spricht es auch diejenigen an, die Hörgeräte oder Cochlea-Implantate tragen ebenso wie die Angehörigen und Familien von Menschen, die hörgeschädigt oder gar taub sind.
Um das Projekt bekannt zu machen, wird man Netzwerke und Interessengruppen mit einbeziehen wie den Gehörlosenverein St. Georg und den Verband der Gehörlosen Hessen. Eine Mitarbeiterin des Gehörlosensozialdienstes im Bistum Limburg ist in der Caritas-Geschäftsstelle verortet und kann Klienten an den neuen Fachdienst vermitteln. Adressaten sind darüber hinaus Fördereinrichtungen wie die Freiherr-von-Schütz-Schule Bad Camberg. Austausch besteht mit den weiteren psychologischen Beratungsstellen in der Diözese und bundesweit mit Beratungsstellen für Ehe-, Familie- und Lebensfragen, die ebenfalls ein Angebot für Menschen mit Hörschädigung haben.
Zum Hintergrund: Menschen mit Hörschädigung
Bis in die 1980er Jahre war das Gebärden in den Gehörlosenschulen verboten. Die für die Kinder auch sehr quälende "orale" Sprecherziehung war vorherrschend. Mit der Akzeptanz der Deutschen Gebärdensprache (DGS) haben Kinder mit Hörbeeinträchtigung inzwischen die Möglichkeit der sprachlichen Entwicklung wie hörende Kinder beim Erlernen der gesprochenen Muttersprache. Im Zusammenleben der Generationen findet man heute eine Situation vor, in der Menschen mit Hörschädigung je nach Alter, Bildungsgrad oder Fördersituation sehr unterschiedlich miteinander kommunizieren. Jüngere Menschen kommunizieren überwiegend in der Gebärdensprache, andere nutzen eine Mischung aus lautsprach-begleitenden Gebärden und der Lautsprache. Die über 60-Jährigen sprechen häufig mehr als sie gebärden können. Neben gehörlosen Menschen gibt es auch eine Gruppe derjenigen, die schwerhörig sind. Diese müssen sich häufig damit auseinandersetzen, wo sie eigentlich hingehören und kämpfen mit der Integration in die hörende Welt einerseits und den Schwierigkeiten mir ihrer Zugehörigkeit zur Gehörlosenwelt andererseits.